Mund. „Ah!“ sagte das Mädchen und erwiderte den Kuß auf eine Weise, daß ich glaubte, mein letztes Stündlein sei gekommen. So über alle Begriffe benommen, süß benommen wurde mir davon zumute. Es war ein Versinken in samtene Nacht.
(Da Emil hier eine Pause machte, benutzte ich die Gelegenheit, zu bemerken: Derartige Prüfungsprämien, allgemein eingeführt, würden eine erfreuliche Steigerung des Studienfleißes in allen Fakultäten zur Folge haben.)
Emil aber fuhr fort: Als ich wieder zu mir kam, hörte ich, daß die Attentäterin eine Ansprache an mich hielt, in der sie mich „Enkel Schillers“ nannte und von der Vermählung slawischen und germanischen Geistes viel Schönes zu sagen wußte. Dann wurde sehr viel Wuttki getrunken, was, in Verbindung mit ukrainschen Volksliedern, zur Folge hatte, daß alle zu weinen begannen. Ich weinte aus Höflichkeit mit, konnte es aber lange nicht so gut, wie meine russischen Freunde, die allerdings auch mehr Wuttki getrunken hatten, ein Getränk
Otto Julius Bierbaum: Die Haare der heiligen Fringilla. München: Albert Langen, 1904, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Haare_der_heiligen_Fringilla.djvu/101&oldid=- (Version vom 31.7.2018)