Anonym: Edda | |
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und zogen ihn durch einen großen Felsen, Giöll genannt, und festigten den Felsen tief im Grunde der Erde. Auch nahmen sie noch ein anderes Felsenstück, Thwiti genannt, das sie noch tiefer in die Erde versenkten und das ihnen als Widerhalt diente. Der Wolf riß den Rachen furchtbar auf, schnappte nach ihnen und wollte sie beißen; aber sie steckten ihm ein Schwert in den Gaumen, daß das Heft wider den Unterkiefer, und die Spitze gegen den Oberkiefer stand: damit ist ihm das Maul gesperrt. Er heult entsetzlich, und Geifer rinnt aus seinem Munde und wird zu dem Fluß, den man Wan nennt. Also liegt er bis zur Götterdämmerung. Da sprach Gangleri: Wahrlich, üble Kinder zeugte Loki, und dieß ganze Geschlecht ist furchtbar. Aber warum tödteten die Asen den Wolf nicht, da sie doch Übels von ihm erwarteten? Har antwortete: die Asen halten ihre Heiligtümer und Freistätten so sehr in Ehren, daß sie mit dem Blute des Wolfs sie nicht beflecken wollten, obgleich Weißagungen verkündeten, daß er Odhins Mörder werden solle.
35. Da fragte Gangleri: Welches sind die Asinnen? Har antwortete: Frigg ist die vornehmste: Ihr gehört der Pallast, der Fensal heißt, und überaus schön ist. Eine andere heißt Saga, die Söckwabeck bewohnt, das auch eine große Halle ist. Die dritte ist Eir, die beste der Ärztinnen. Die vierte Gefion: sie ist unvermählt und ihr gehören alle, die unvermählt sterben. Fulla, die fünfte, ist auch Jungfrau, und trägt loses Haar und ein Goldband ums Haupt. Sie trägt Friggs Schmuckkästchen, wartet ihrer Fußbekleidung und nimmt Theil an ihrem heimlichen Rath. Freyja ist die vornehmste nach Frigg; sie ist einem Manne vermählt, der Odhur heißt. Deren Tochter heißt Hnoss: die ist so schön, daß nach ihrem Namen Alles genannt wird, was schön und kostbar ist. Odhur zog fort auf ferne Wege, und Freyja weint ihm nach und ihre Zähren sind rothes Gold. Freyja hat viele Namen: die Ursache ist, daß sie sich oft andere Namen gab, als sie Odhur zu suchen zu unbekannten Völkern fuhr. Sie heißt Mardöll, Hörn, Gefn und Syr. Freyja besitzt den Halsschmuck, Brisinga Men genannt. Sie heißt auch Wanadis (Wanengöttin). Die siebente heißt Siöfn; sie sucht die Gemüther der Menschen, der Männer wie der Frauen, zur Zärtlichkeit zu wenden, und nach ihrem Namen ist die Liebe Siafni genannt. Die achte, Lofn, ist den Anrufenden so mild und gütig, daß sie von Allvater oder Frigg Erlaubniss hat, Männer und Frauen zu verbinden, was auch sonst für Hinderniss oder Schwierigkeit entgegenstehe. Daher ist nach ihrem Namen der Urlaub genannt, so wie Alles was Menschen loben und preisen. Die neunte ist Wara; sie hört die Eide und Verträge, welche
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/278&oldid=- (Version vom 31.7.2018)