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Seite:Die Edda (1876).djvu/221

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Anonym: Edda

Atli.
37
So haben auch neulich   mich Nornen geweckt;

Vergönnte das Graunbild   günstige Deutung!
Ich wähnte dich, Gudrun,   Giukis Tochter,
Mir die Brust durchbohren   mit blankem Dolch.


Gudrun.
38
Der Traum von Dolchen   bedeutet Feuer,

Holde Heimlichkeit   der Hausfrau Zorn.
Ich brenne dir bald   ein böses Geschwür aus,
Ich heile und lindre,   wie leid du mir seist.


Atli.
39
Reiser im Garten   sah ich ausgerißen,

Die ich da wachsen   laßen wollte.
Entrauft mit der Wurzel,   geröthet im Blut
Und aufgetragen,   daß ich sie äße.

40
Ich sah von der Hand   mir Habichte fliegen

Ohne Atzung,   dem Untergang zu.
Ihre Herzen wähnt ich   mit Honig zu eßen
Sorgenschwer,   geschwollen von Blut.

41
Welfe wähnt’ ich   entwänden sich mir,

Ich hörte sie harmvoll   heulen und wimmern.
Ihr Fleisch, fürcht ich,   war faul geworden:
Mit Ekel aß ich   von dem Aase da.


Gudrun.
42
Dir werden Schächer   im Schlafgemach richten,

Den Lichtgelockten   die Häupter lösen:
Sie werden erschlagen   nach wenig Nächten,
Kurz vor Tag, und aufgetischt. —

43
Seitdem lieg ich   den Schlummer meidend

Trotzig im Bette:   thun will ich so.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/221&oldid=- (Version vom 31.7.2018)