besser zur Herrschaft. Dieses Gesicht ist mit allen Schrecknissen der Gewalt bekannt. Das beste polizeigerechteste Gewissen könnte vor diesen Inquisitoraugen in Verlegenheit kommen. „Inculpat verfärbt sich!“ dictirt dieser Mund, dessen muskelkrampfige Unterlippe vorschwillt, während die obere verbissen zurücktritt. Es ist ein mit Folterschrecken und Bleikammern drohendes Gesicht. Es brauchte kaum noch dazu das knochige Kinn mit dem borstigen Haarflecke aus wulstigen Halsrunzeln hervorzustehen, um die Hyäne der geheimen Staatspolizei mit ihrem Heißhunger zu charakterisiren. Wir wissen, daß sie eiserne Zähne vor einem bleiernen Magen hat.
In Tizian’s Werken ist so das Leben Venedigs zur höchsten Blüthe in der Malerei verklärt vor unsere Augen gestellt.
Sein Mitschüler und Mitstrebender, Giorgione, von welchem später hier gesprochen werden wird, hatte ihm, und er wieder der späteren venetianischen Schule den ihr ganz eigenthümlichen Charakter aufgeprägt. Ihm folgten Bonifazio, Andrea Schiavone, Regillo da Pordenone, Paris Bordone, Jacopo Robusti, Jacobo Bassano, von welchen in diesen Sälen vorzügliche Werke zeugen, ohne daß ein besonders neuer genialer Gedanke darin ausgesprochen ist.
Ausgezeichneter vertreten ist in diesem Zimmer die Schule Giorgione’s durch seinen Nachahmer
Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)