Als sich aufthut eine Thür des Saales;
Auf die Schwelle tritt ein halb verschleiert
Blühend Weib von königlichem Wuchse.
Wär’s Melinda, denkt im Geist der Jüngling,
Hergezaubert? Nicht Melinda war es,
Nein − es war die schöne Diwisade!
Ihres Gatten Angesicht mit einem
Lauten Ach erkennet Abdorrachman’s
Athemlos und freudetrunken Assad.
Als des Willkomms erster Drang gestillt war,
Ruft die Fürstin ihren Frau’n und Wächtern,
Deren Schweigen Gold verbürgt; die Tafel
Läßt sie reichen, ja, mit eignen Händen
Schmückt sie selbst den langentbehrten Liebling.
Füllt dem Freund den langentbehrten Becher.
Welch ein Zauber, ruft der Abbasside,
Führt hieher dich, vielgeliebte Gattin?
Ihm erwiedert Diwisade: Welches
Wunder, Assad, muß zuerst ich fragen,
Führte dich hieher? Du weilst in einem
Jener Mörder meines Stamms verbannte.
Nun erzählt ihr auch der Sohn des Harun
Seiner Abenteuer lange Kette:
Doch, beschließt er, selbst an deinem Busen
Denn vor Allem gilt es, meinen Bruder
Aus den Klau’n des Wüterichs zu retten.
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/81&oldid=- (Version vom 31.7.2018)