Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2 | |
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Lehrlinge wurden im letzten Rechnungsjahre von 65 Kammern Meisterkurse, von 40 Kammern Ausstellungen veranstaltet, auch bestand eine Reihe von Wohlfahrtseinrichtungen. Einzelne Kammern hatten Arbeitsnachweise eingerichtet, 44 Kammern befaßten sich mit Lehrstellenvermittlung. Das Vermögen der Handwerkskammern stellte sich in Aktiven auf 2 263 689 M, in Passiven auf 926 272 M. Die Einnahmen beliefen sich im letzten Rechnungsjahr auf 2 825 615 M, die Ausgaben betrugen 2 414 115 M. Die Handwerks- und Gewerbekammern versammeln sich alljährlich auf dem Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertag zur Beratung der gemeinsamen Interessen des deutschen Handwerks.
Gewerbevereine.
Bei der statistischen Erhebung über die Durchführung des Handwerkergesetzes waren die in Süddeutschland stark verbreiteten Gewerbevereine, die den Innungen verwandt sind, außer acht gelassen. Der Vorstand des Verbandes deutscher Gewerbevereine mit dem Sitz in Darmstadt hat deshalb eine private Erhebung veranstaltet und 1906 die Ergebnisse aus den Fragebogen für Gewerbe- und Handwerkervereine, Fachvereinigungen usw. veröffentlicht. Die in Betracht gezogenen Vereinigungen – 78,9% aller Gewerbevereine – zählten 114 994 Mitglieder, darunter 84 438 Handwerker, von denen 9557 zugleich einer Innung angehörten. Die Ergebnisse zeigen[WS 1], daß die Gewerbevereine an der Förderung und Hebung des Handwerkerstandes durch Abhaltung von Vorträgen, Gründung von Bibliotheken, Einrichtung von Lesesälen, Veranstaltung von Gewerbeausstellungen, Errichtung von Genossenschaften, Förderung des Lehrlingswesens, Abhaltung von Gesellenprüfungen, Einrichtung von Vorbereitungskursen für die Gesellen- und Meisterprüfung, vor allem aber durch die Weiterbildung der gewerblichen Jugend wacker mitgearbeitet haben; 326 Vereinsschulen mit 25 459 Schülern wurden von den Vereinen geleitet.
Ergebnis.
Wenn Zahlen beweisen, so kann die Wirkung des Handwerkergesetzes im allgemeinen als eine günstige bezeichnet werden. Indessen ist wohl beachtenswert, daß die Zwangsinnung nicht den durchschlagenden Erfolg gehabt hat, den man vielfach erwartete. Wie aus vorstehenden Zahlen hervorgeht, haben die Handwerker sich nur zögernd zur Gründung von Zwangsinnungen verstanden, die Neigung dazu hat indessen, wenigstens in Preußen, in den letzten Jahren zugenommen. Auffallend ist auch, daß nach dem Ergebnis der statistischen Erhebung bis 1905 bei 489 Zwangsinnungen (=15,5% aller Zwangsinnungen) ein Antrag auf Auflösung gestellt worden ist, der bei 33 Innungen Erfolg hatte. Auch die Betätigung auf dem Gebiete des gewerblichen Lebens zur Hebung der Gewerbe, z. B. durch Errichtung von gemeinsamen Geschäftsbetrieben (138), durch Veranstaltungen zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen und wirtschaftlichen Interessen (720), ferner die Gründung von Schulen, die Sorge für Arbeitsnachweise und Herbergswesen usw. zeigen bis heute noch nicht in genügendem Maße das Bestreben, den neuzeitlichen Anforderungen gerecht zu werden und ein reiches Innungsleben zu entfalten. Bei aufmerksamer Betrachtung der einzelnen Ausgabeposten bei den Innungen fallen auch unverhältnismäßig hohe Beträge für die Innungsausschüsse und Innungsverbände
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: zein
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/351&oldid=- (Version vom 20.8.2021)