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Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/124

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Konsularagenten, geführt, und unser Briefträger war eine alte Frau, die sich durch eine weiße Fahne schützte. Bei ihrem zweiten Ausgang fiel sie in einen Graben, und als sie darauf ohne ihre Fahne wieder aufstand, wurde sie sofort von den türkischen Soldaten erschossen. Es fand sich eine andere, aber sie wurde verwundet, als sie vor der Tür ihrer Hütte, in der Nähe unseres Grundstückes, saß.

Da erklärte Aram, er würde keine weitere Korrespondenz mehr erlauben, bis nicht der Wali auf einen Brief des Konsularagenten Sbordone geantwortet hätte, in welchem gesagt war, Djevded könne von den Armeniern nicht erwarten, daß sie sich jetzt übergeben, da sein Vorgehen gegen die Armenier den Charakter eines Massakers habe.

Während der Zeit der Belagerung hausten die türkischen Soldaten und ihre Gesellen, die wilden Kurden, fürchterlich in der ganzen Umgegend. Sie massakrierten Männer, Frauen und Kinder und brannten ihre Heimstätten nieder. Kleine Kinder wurden in den Armen ihrer Mütter erschossen, andere schrecklich verstümmelt, Frauen ihrer Kleider beraubt und geschlagen. Die Dörfer waren auf einen Angriff nicht vorbereitet, andre widersetzten sich, bis ihre Munition verschossen war. Sonntag den 25. kam der erste Trupp Flüchtlinge mit ihren Verwundeten in die Stadt. Unser Hospital, das in normaler Zeit 50 Betten hat, mußte für 142 Patienten Raum schaffen. Bettzeug wurde geliehen und überall auf den Fußböden Lagerstätten geschaffen. Leichtverwundete wurden täglich verbunden.

4000 Menschen waren mit all’ ihrer Habe aus „den Gärten“ ausgezogen und füllten unsere Kirche, Schulgebäude sowie alle nur irgendwie entbehrlichen Räume unserer Missionshäuser. Eine Frau sagte zu Mrs. Silliman: „Was sollten wir tun, wenn die Missionare nicht wären? Das ist nun das dritte Massaker, während dessen ich hier Zuflucht gefunden habe.“ Ein großer Teil dieser Leute mußte ernährt werden, denn sie waren so arm, daß sie

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/124&oldid=- (Version vom 31.7.2018)