Als die Russen im April die Offensive wieder aufnahmen, kehrte etwa ein Viertel der Flüchtlinge aus dem Kaukasus wieder in ihre Dörfer zurück. Beim Vordringen der Russen fürchteten die Muhammedaner wegen ihrer Untaten an der christlichen Bevölkerung bestraft zu werden. Sie verließen daher mit ihren Familien die Alaschkert-Dörfer und wurden von der türkischen Regierung in Zahl von etwa 2000 Familien in der Gegend von Malaskert und Bulanek in armenischen Dörfern untergebracht. Damals gab es keinen regulären Soldaten im Grenzgebiet. Kurden und Tschettehs waren die einzigen Truppen, über die die Regierung verfügte. Die 3000 Gendarmen der Wilajets waren mit dem Plündern der Dörfer beschäftigt. Der Wali von Wan hatte allen Kaimakams seiner Provinz den Befehl gegeben, beim geringsten Anlaß gegen die Armenier vorzugehen. Der Kaimakam von Gawascht provozierte denn auch einen Zusammenstoß, der zu einem Massaker führte. Die Daschnakzagan verlangten vom Wali, daß der Kaimakam vor ein Kriegsgericht gestellt werden solle. Der Wali versprach, eine Untersuchung einzuleiten.
Die wehrlosen armenischen Dörfer mußten sich das alles gefallen lassen. Die Führer der Daschnakzagan bemühten sich, durch die Vermittlung der Behörden dem Unheil zu steuern und die armenische Bevölkerung zu beruhigen. Der Deputierte von Wan, Wramjan, hatte schon im Januar in einem Memorandum (vom 3./16. Januar 1915), das an den Wali von Wan Djevded-Bey und an Tahsin-Bey, den Wali von Erzerum, gerichtet war, die Behörden auf die Mißstände aufmerksam gemacht.
Inzwischen war die Armee von Chalil Bey in Nordpersien in das Gebiet von Urmia und Dilman eingerückt. Den 20 000 Regulären hatten sich noch 10 000 Kurden aus dem oberen Zabgebiet angeschlossen. Auch Djevded
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/115&oldid=- (Version vom 9.12.2022)