Paul wußte jetzt genau Bescheid. Die Hauptfragen, mit denen er sich vorhin beschäftigt hatte, waren gelöst. Er war tatsächlich in das Innere eines vom Wüstensande verschütteten Bauwerks hinabgestürzt und zwar in einen Säulenanbau, an den sich nach Süden hin das Hauptgebäude anschloß. Die Sandmassen waren in diesen überdachten Anbau durch schadhafte Stellen des Daches eingedrungen und bedeckten den Boden hier und da bis zu einem Meter Höhe. Dieses Sandpolster hatte Paul Loring das Leben gerettet. Wäre er bei seinem Sturz durch die Südwestecke des Daches nicht so weich gefallen, so hätte er sich bei der Tiefe des Falles – etwa fünf Meter – auf dem Steinboden fraglos die allerbösesten Verletzungen zugezogen. –
Nach einer Weile benutzte er dann die Laterne abermals, um zu prüfen, ob es ihm nicht möglich wäre, mir Hilfe der letzten rechten Säule der Halle wieder ins Freie zu gelangen.
Die Säule zeigte zahlreiche erhabene Tierfiguren, Schriftzeichen und Blumenornamente. Jedenfalls konnte es einem so gewandten Kletterer wie Paul Loring nicht schwer fallen, all diese Vorsprünge für seine Zwecke auszunutzen.
Zehn Minuten später finden wir den mutigen Jungen bereits wieder oben zwischen den drei versteinerten Stämmen, die ganz dicht neben der Südwestecke des alten Bauwerkes durch die Sandmassen hindurchgingen, die auch das Grab des merkwürdigen Gebäudes geworden waren. Der Trichter, der nach dem Loche in dem Dache hinführte, verlief schräg nach Süden zu und war bereits wieder halb zugeschüttet, so daß Paul Loring sich mit aller Kraft hatte hindurchzwängen müssen.
Oben bemerkte er sofort, daß der Sturm vorüber war. Nachdem er die Iringi, die jetzt Herren der Oase waren und die die Gefangenen am Ufer der kleinen Wasseransammlung nebeneinander gefesselt niedergelegt hatten, eine geraume Zeit von einem Versteck auf einem der verkieselten Bäume aus beobachtet hatte, mußte er notgedrungen von seiner Schußwaffe gebrauch machen und dem Engländer Shlook eine Kugel durch das rechte Handgelenk
W. Belka: Der Tempel Salomonis. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Tempel_Salomonis.pdf/9&oldid=- (Version vom 22.6.2019)