That ersten Ranges“, zu welcher die Staatsbürger-Zeitung durch ihre Umfrage nach dem Blutmord die erste Anregung gegeben hat, auch gelingt und glücklich durchgeführt wird. Sie werden es ermöglichen, daß wir die wunderbarste aller Thatsachen erleben, indem die Staatsbürger-Zeitung uns eines schönen Tages mit der frohen Botschaft überraschen wird, daß der alte Techniker und Judenforscher den leibhaftigen Satan in der Gestalt des Wunderrabbi, wenn auch nicht auf freiem Felde fangen, so doch mit größter List und Umsicht in aller Heimlichkeit überfallen und erlegen wird. Und welcher Jubel wird dann ausbrechen in Israel, wenn der alte vieltausendjährige Tyrann überwunden ist, dessen Hunger nach Blut und Gold nicht gesättigt werden konnte! Die Töchter Sions, Frauen und Jungfrauen, werden, wie zu Davids Zeiten nach Erlegung des Riesen Goliath, Reigen ausführen, die Knaben werden Jubelhymnen singen, und Männer und Jünglinge werden vieltausendstimmig den Ruf durch die Lüfte brausen lassen: „Hosanna dem alten Techniker! Gebenedeit sei der alte Judenforscher, der uns endlich die Erlösung von dem alten Ritualmord-Teufel, dem höllischen Wunderrabbi brachte!“ Was aber den Jubel noch ins unendliche steigern muß, wird der höchst auffallende Umstand sein, daß gerade ein Antisemit es sein durfte, der Israel vom Wunderrabbi befreite. Um so größer wird darum auch der klingende Dank sein, den Israel seinem Erlöser zu Füßen legen wird. Nicht bloß die Hälfte der Summe, die für den kleinen Hegemann geopfert wurde, o nein! noch viel mehr, das doppelte und dreifache dieser Summe wird man ihm als Ausdruck des Dankes und der Freude überreichen, ja, ich glaube kaum zu irren, wenn ich annehme, daß jeder der zehn Stämme Israels ihm je eine Million Mark als wohlverdiente Dotation votieren wird. Davon wird aber gewiß der alte Judenforscher auch der Redaktion der Staatsbürger-Zeitung mindestens eine Million zukommen lassen aus Erkenntlichkeit dafür, daß sie durch ihre Umfrage über den Blutmord den ersten Anstoß zur Erlösung Israels vom Ritualmord-Teufel gegeben hat.
Doch Scherz beiseite! Mehr noch als die Mitwelt wird die Nachwelt darüber staunen, daß im 20. Jahrhundert nach Christus, in der deutschen Reichshauptstadt Berlin, in einer Zeitung, die sich Organ der Staatsbürger nennt, eine Persönlichkeit den „hervorragenden Männern
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/91&oldid=- (Version vom 31.7.2018)