eines Christenkindes angeklagt. Auf die Folter gespannt bekannten die Unglücklichen das ihnen zur Last gelegte Verbrechen, und klagten sich an, daß sie noch andere Kinder gemordet hätten. Das Blut derselben hätten sie gesammelt und entfernten Freunden einen Fingerhut voll davon oder in Leinwand getränkt zum Geschenk gemacht. Die Angeklagten gaben auch den Ort an, wo die Gebeine der ermordeten Kinder verscharrt seien, und sie wurden auch wirklich daselbst gefunden. Indessen behaupteten unbefangene Christen, der Stadtrat habe ausgegrabene Kindergebeine an diesem Platze verscharren lassen und sie dann als Beweis für das Verbrechen geltend gemacht. So erzählt Dr. Gräß in seiner Geschichte der Juden (8, 268), der sich auf Gemeiners Regensburger Chronik III. 590 beruft. Die Juden wurden trotz ihres Geständnisses nicht verurteilt, sondern aus der Haft entlassen.
Was man von den wegen Ritualmords angeklagten Juden hinsichtlich der Geheimlehre vom jüdischen Blutgenuß bestätigt haben wollte, habe ich auch in meiner Schrift über den Ritualmord bereits angeführt. Im allgemeinen waren es die Geständnisse eines sterbenden Juden, welche der Mönch Thomas Cantipratanus († 1263) in einem vielgelesenen Buche (Bonum univ. de Apibus II. 29) aufbewahrt hat. Thomas führt darin aus, wie nach dem Zeugnisse des heiligen Kirchenvaters Augustinus die Juden mit den Worten: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ den Fluch Gottes auf sich herabgerufen hätten. Infolgedessen mußten sie durch das ungestüme Fließen des Blutes Pein leiden, bis sie sich am Blute Christi schuldig bekennen und geheilt werden. „Außerdem hörte ich,“ erzählt Thomas weiter, „daß ein sehr gelehrter Jude, welcher in unseren Tagen zum Glauben bekehrt worden ist, gesagt hat, ein bei ihnen im Ansehen eines Propheten stehender Mann habe den Juden am Ende seines Lebens geweissagt: Seid fest überzeugt, daß ihr von dieser geheimen Qual, mit der ihr gestraft seid, nur durch christliches Blut geheilt werden könnet. Dieses Wort griffen die immer blinden und gottlosen Juden auf, und trafen die Einrichtung, daß jährlich in jeder Provinz christliches Blut vergossen werde, damit sie durch solches Blut genesen.“ Um dieselbe Zeit, in welcher dieses Buch erschien, kamen auch die ersten Anklagen gegen die Juden wegen Ritualmords vor, und bald sah man auch die
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)