begraben worden sei, hätte man gewiß etwas gehört. Den Ort würde man jetzt noch ganz genau wissen.“ Der Brief ist am 4. September 1901 geschrieben und unterzeichnet vom H. H. Pfarrer Zöller.
An diesem Ritualmord-Märchen aus dem Jahre 1832 kann man sehen, was von den Ritualmord-Märchen aus noch früheren Zeiten zu halten ist. In Trapstadt, dem wahrscheinlichen Geburtsort meines Landsmannes, wird ein solches Märchen erzählt. Der Platz, wo der Fall vorgekommen sein soll, und die Gemeinde, wohin derselbe gehört, liegen nur einige Kilometer entfernt; man hält es aber nicht der Mühe wert, dorthin zu gehen, und sich Gewißheit über die Thatsache zu verschaffen, und vielleicht noch einen mit Ritualmord-Blut gefüllten Federkiel aufzutreiben. Man glaubt einfach das Märchen und teilt es auch den Lesern der Staatsbürger-Zeitung mit, und auch diese glauben die Erzählung gern, weil eben ihre Spitze gegen die Juden gerichtet ist. Mein Landsmann mag ein „guter Antisemit“ sein, aber er ist (mit Verlaub zu sagen) ein „schlechter Musikant“. Sein „Gutachten“ enthält „Phantasien, aber keine Thatsachen“, und darum möge er es mir verzeihen, wenn ich auch sein Schreiben an die Staatsbürger-Zeitung eine Leichenrede nenne, die er auf den Glauben an den jüdischen Ritualmord gehalten hat.
In kluger Weise läßt die Staatsbürger-Zeitung (Nr. 356) auf das vorausgehende Gutachten ein solches von H. Dr. Leopold Müller in Bremen folgen, der zwar seines Zeichens ein Jurist ist, aber auch physiologische und medizinische Kenntnisse zu besitzen scheint. Infolge seiner Studien über die Ritualmord-Frage ist er zur Erkenntnis gekommen, daß die Juden, um sich als Rasse zu erhalten, fremdes Blut nötig haben. Dieses Blut gewinnen sie durch die Ermordung von Christen, und das ist der Ritualmord; wie sie aber das Blut anwenden, das ist ein Geheimnis. Soviel steht jedoch fest, meint Dr. Müller, daß es nur in „homöopathischen Dosen“ geschehen kann, und den Juden muß man nachrühmen, daß sie „den Instinkt des Kannibalen zur Wissenschaft entwickelt“ haben. Daß man aus der jüdischen Litteratur kein Beweismaterial entnehmen kann, ist selbstverständlich, „das wäre denn doch viel zu dumm,“ sagt Dr. Müller. Aber erklärlich ist es uns jetzt, warum die Juden bei der St. Ursula-Kapelle das Ritualblut in Federkiele abgefüllt haben. Diese Federkiele,
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/67&oldid=- (Version vom 31.7.2018)