Erst allmählich im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Anschauungen in diesem Punkte so geklärt, daß man an dem Genusse des Blutes nicht ferner mehr Anstoß nahm.
Wie ängstlich die gläubigen Juden sich auch heute noch hüten, das Verbot des Blutgenusses zu übertreten, davon kann man sich überzeugen, wenn man einmal zuschauen will, wie das zu kochende Fleisch behandelt wird, um auch die letzten Spuren von Blut aus demselben zu entfernen, ehe es als Speise genossen werden darf Hiervon sowie von der Vorsicht der Juden, wenn Blut an Brot oder Eiern klebt, oder das eigene Zahnfleisch blutet, habe ich in meiner Schrift über den Ritualmord weitläufig gesprochen, und es wird nicht nötig sein, das dort Gesagte hier noch einmal zu wiederholen. Nur darauf will ich noch hinweisen, was Professor Dr. Strack in seinem Buche: „Das Blut im Glauben und Aberglauben der Menschheit. München 1900. Beck“, S. 100 von den Juden gegenüber allen anderen Völkern sagt: „ Davon ist meines Wissens nirgends die Rede, daß Tierblut oder gar Menschenblut, insonderheit Blut eines anderen Menschen, zu abergläubischen Zwecken getrunken oder getrocknet verschluckt werde.“ Mit Fug und Recht können darum die Juden auch heute noch ihren Anklägern wegen Ritualmords die Worte zurufen, welche die christliche Frau Biblis bei der Christenverfolgung in Lyon, im 2. Jahrhundert, als die Christen wegen Ritualmords angeklagt waren, den Heiden zugerufen hat: „Wie könnt ihr uns vorwerfen, daß wir Menschenblut genießen, nachdem uns sogar das Blut von Tieren zu genießen verboten ist?“
Unter solchen Umständen müssen schon klare, vollgültige, unanfechtbare Beweise erbracht werden, wenn der Nachweis geliefert werden soll, daß einzelne Juden oder jüdische Gemeinden oder Sekten es für eine religiöse, gottgefällige Übung halten, das Blut geschlachteter Christen mit dem Osterwein vermischt oder in die Osterkuchen verbacken zu Heilzwecken oder zur Entsündigung zu genießen. Halten wir nun Umschau, um zu erfahren, ob solche Beweise bis jetzt erbracht worden sind, so werden wir keine finden. Die angeblichen Beweiße, auf die man sich beruft, habe ich in meiner Schrift über den Ritualmord schon besprochen und auch vorhin bereits erwähnt; ich will sie hier kurz noch einmal wiederholen und nur weniges noch beifügen.
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)