für die Juden angeordnet hätte, war ihnen nichts bekannt. Sie hätten dieselbe mit Abscheu zurückgewiesen und verdammt.
Sehr schön und überzeugend haben sich im 15. Jahrhundert über die Frage, ob bei den Juden der Genuß von Menschenblut eine religiöse Übung sei, auch die beiden Regenten von Mailand, Herzog Bona und Herzog Joannes, ausgesprochen. (Der Ritualm. S. 142.) Unter anderem sagen Sie: „ Seit Christi Zeit hat es viele Juden gegeben, welche Christen wurden, dabei viele ausgezeichnete Gelehrte von großem Ruf und Ansehen, wie S. Paolo, Nicola de Lira, Bonaventura und viele andere, die über die religiösen Gebräuche und Gewohnheiten der Juden sehr gut unterrichtet waren. Falls diese gewußt hätten, daß ein solcher Gebrauch bei den Juden besteht, würden sie es sicher veröffentlicht und überallhin verbreitet haben, und die Kirche hätte den Juden nicht nur nicht so viele Privilegien eingeräumt, sondern würde dieselben gar nicht geduldet haben und würde sie nicht noch weiter dulden, wie sie es gethan hat und thut in allen Ländern der Christenheit, vielmehr hätte sie dieselben verfolgt und verjagt, und ebenso würden die anderen geistlichen und weltlichen Fürsten verfahren haben. Wenn man nun sagen möchte, daß dieses ein geheimer Gebrauch sei, so antworten wir, daß in verschiedenen Ländern der Christenheit sich stets Juden taufen ließen, welche glaubwürdig sind, und welche man fragen kann, ob der Verdacht begründet ist oder nicht, natürlich soll man diese Erkundigungen nicht bei dem ersten besten oder bei leichtsinnigen Menschen einziehen, sondern bei gewissen, verständigen, edeldenkenden Personen.“
Solch ein edeldenkender Mann war wohl der Jude Friedrich Albrecht Christiani, der im Jahre 1674 in Straßburg getauft wurde, ein tüchtiger Kenner des Rabbinischen war und Docent an der Universität in Leipzig wurde. Als geborener Jude hatte er alle Gebräuche der Juden wohl inne, hatte dieselben selbst praktiziert oder doch mit eigenen Augen gesehen, wie er uns versichert, aber er beteuert mit Gott, daß er von einem religiösen Gebrauche, Christenkindern das Blut abzuzapfen und dasselbe als Heilmittel zu gebrauchen, nichts erfahren habe.
Solch ein edeldenkender Mann war gewiß auch Aloysius von Sonnenfels, Professor der Staatswissenschaften in Wien, der in seiner
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)