Das dauerte bis zum Maientag. In der vorhergehenden Nacht hatte die Tochter einen bangen Traum gehabt, [der] ihr sagte, das Schloß werde eingenommen werden. Jetzt sah sie auf einmal des Morgens, als der Tag anbrach, das feindliche Heer mit grünen Baumzweigen herangezogen kommen. Da wurde es ihr bange, denn nun wusste sie, das Alles verloren sey, und sie sprach zu ihrem Vater:
„Vater, gebt euch gefangen,
Der grüne Wald kommt gegangen!“
Darauf schickte sie der Vater in das Lager des Königs Grünewald, und sie erlangte es von diesem, „daß sie für ihre Person freien Abzug haben sollte, mit allem, was sie auf einen Esel packen, was von ihr getragen und an der Hand geführt werden könnte.“ Da bepackte sie den Esel mit ihren besten Schätzen, ihren Vater trug sie auf ihren Schultern, und ihre Mutter führte sie bei der Hand. So zogen sie fort. Und als sie eine gute Strecke in einem fortgegangen waren, sprach sie: „hier wolle mer ruhen!“ Daher hat das etwa eine Stunde vom Christenberge in der Ebene gelegene Dorf Wollmar
Karl Wilhelm Justi: Der Christenberg, in Oberhessen. , Marburg ; Cassel 1820, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Christenberg,_in_Oberhessen.pdf/7&oldid=- (Version vom 14.2.2024)