von Einzelnen und Völkern, über tiefste Schmach und Erniedrigung, aus der doch Größe und Stärke erstehen können, bis daß der Pendel der Zeiten auch ihnen wieder das Vergehen kündet, und im ewigen Wandel neue Gefahren aufsteigen, neue Entwicklungen erwachsen.
Aber rasch verstrichen die paar Tage, die den Seemann in das Marineamt, den Flieger hinaus auf den benachbarten Flugplatz geführt hatten. Soviel hatte man noch tun, sehen und besprechen wollen, und schon nahte der Abschied. Wo waren die Stunden nur geblieben?
Großmama hatte eigentlich beabsichtigt, die Enkel zu ihren Bahnhöfen zu geleiten und sie einer nach dem andern nach ihren verschiedenen Bestimmungsorten abfahren zu sehen. Aber gerade dagegen erhoben sie Einsprache. Großmama sollte vor ihnen abreisen, so daß die beiden sie noch in ihren Zug setzen konnten. Das Stehen auf einem Bahnhof zwischen lauter Fremden und doch in gleicher Angst Geeinten, das Tücherwinken und Blicken nach einem enteilenden Zuge, das einsame Zurückgehen, all das wollten sie ihr, der Gebrechlichen, ersparen. Und wie sie angeordnet, geschah es. Ein wunderlich neues und süßes Gefühl war dieses Umsorgt- und beinah Kommandiertwerden für Großmama. Neu? – ja, – und doch weckte es zugleich ein Erinnern, hatte nicht einst vor langen Jahren, als sie selbst jung gewesen, der Großvater dieser Kinder ganz ähnlich sorgend über sie bestimmt und gewacht? Kehrten alte Zeiten wieder? Und während die beiden Enkel auf dem Bahnhof mit festem Händedruck und einem „Auf
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/65&oldid=- (Version vom 31.7.2018)