stärker und positiver einwirken, als die langen Moralpredigten eines trockenen und blassen deutschen Hauslehrers, oder als die schwer verständlichen Vorträge einer Gouvernante, die den Kindern zu beweisen sucht, daß das Wasser aus Sauerstoff und Wasserstoff besteht.
„Oh, wie klein sie sind,“ sagt Nina, macht große Augen und lacht hell auf. „Sie sehen ja wie die Mäuschen aus!“
„Eins, zwei, drei…“ zählt Wanja. „Drei Kätzchen! Also für mich eins, für dich eins und noch für jemand eins.“
„Mrrr… Mrrr…“ macht die Wöchnerin, geschmeichelt durch die Beachtung, die sie findet. „Mrrr…“
Als die Kinder sich die Kätzchen lange genug angesehen haben, holen sie sie aus der Kiste hervor und drücken sie in den Händen herum. Dann legen sie sie in den Schoß ihrer Hemdchen und laufen so in die Zimmer.
„Mama, die Katze hat Kinder gekriegt!“ schreien sie.
Die Mutter sitzt im Salon mit einem fremden Herrn. Als sie die Kinder erblickt, ungewaschen, unangezogen, mit aufgehobenen Hemden, wird sie verlegen und macht strenge Augen.
„Wollt ihr wohl…“ ruft sie, „schämt ihr euch nicht! Macht, daß ihr wegkommt, sonst gibt’s Schläge.“
Aber die Kinder achten weder auf die Drohungen der Mutter, noch auf die Gegenwart des fremden Herrn. Sie legen die Katzen auf den Teppich und beginnen ein ohrenzerreißendes Geschrei. Um sie herum streicht die Wöchnerin, kläglich weinend. Während hernach die Kinder in ihre Stube gebracht und angekleidet werden, während des Morgengebets und während sie ihren Tee trinken, sind sie die ganze Zeit über vom feurigen Wunsche beseelt, endlich einmal diese prosaischen
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/125&oldid=- (Version vom 31.7.2018)