„Dann lösch das Licht doch einfach aus!“
Ssawelij sah seine Frau mißtrauisch an und näherte seine Lippen der Lampe, aber im selben Augenblick fuhr er zurück und schlug die Hände zusammen.
„Na, wenn das keine teuflische List ist!“ rief er. „He! Sag’ mal, gibt’s ein Geschöpf, das schlauer ist, als das Weibergezücht?“
„O du Satan, du langröckiger!“ zischte die Küsterin, die Stirn in Falten gezogen vor Aerger. „Wart’ du nur!“
Und sie setzte sich bequemer und starrte wieder den Schaffner an.
Das machte nichts, daß sein Gesicht zugedeckt war. Sie interessierte weniger das Gesicht, als der ganze Mann, die Neuheit dieses Menschen. Er hatte eine breite, mächtige Brust, hübsche, schmale Hände, und seine muskulösen, geraden Beine waren viel hübscher und männlicher, als Ssawelijs Schwefelhölzer. Die konnte man nicht mal miteinander vergleichen.
„Und wenn ich ein langröckiger, unreiner Geist bin,“ sagte Ssawelij, der einen Augenblick so dagestanden hatte, „aber sie dürfen hier nicht schlafen… Ja… Es ist eine dienstliche Sache, und wir werden zur Verantwortung gezogen, wenn wir sie hier festhalten. Wenn man die Post fährt, muß man sie fahren, schlafen gibt’s da nicht… He, du!“ schrie Ssawelij in den Flur hinaus, „du, Kutscher… wie heißt du? Soll ich euch den Weg zeigen, was? Steh’ auf, wenn man die Post bei sich hat, darf man nicht schlafen!“
Und der wild gewordene Ssawelij lief zum Schaffner und riß ihn am Aermel.
„He, verehrter Herr! Mußt du fahren, so fahre, mußt
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/091&oldid=- (Version vom 31.7.2018)