mit den Beinen auf den Stuhl gestiegen und hatte zu zeichnen angefangen. Damit er die Geschäftspapiere nicht beschmiere und das Tintenfaß nicht anrühre, lagen für ihn ein Stoß eigens für ihn zurechtgeschnittenes Papier und ein Blaustift bereit.
„Die Köchin hackte heute Kraut und schnitt sich dabei in den Finger,“ sagte er, ein Häuschen zeichnend und die Brauen bewegend. „Sie schrie dabei so, daß wir alle erschraken und in die Küche liefen. Wie dumm sie ist! Natalja Ssemjonowna sagt ihr, daß sie den Finger in kaltes Wasser stecken soll, aber sie nimmt ihn in den Mund und saugt… Wie kann man nur den schmutzigen Finger in den Mund nehmen! Papa, das ist doch unanständig!“
Dann erzählte er, daß während des Mittagessens ein Leierkastenmann mit einem kleinen Mädchen in den Hof gekommen war und das Mädchen zu seiner Musik gesungen und getanzt hatte.
– Er hat seine eigenen Gedankengänge! – sagte sich der Staatsanwalt. – In seinem kleinen Kopf ist eine eigene Welt, und er hat seine eigene Anschauung darüber, was wichtig und was unwichtig ist. Um seine Aufmerksamkeit und sein Bewußtsein zu fesseln, genügt es noch nicht, seine kindliche Sprache nachzuahmen; man muß auch auf seine Weise zu denken verstehen. Er verstünde mich sehr gut, wenn der Tabak mir wirklich leid täte, wenn ich mich gekränkt fühlte und weinte. Darum sind auch die Mütter als Erzieherinnen so unersätzlich, weil sie es verstehen, mit den Kindern zu fühlen, zu weinen, zu lachen… Mit der Logik und der Moral kann man aber nichts ausrichten. Was soll ich ihm noch sagen? Was? –
Jewgenij Petrowitsch erschien es sonderbar und komisch,
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/070&oldid=- (Version vom 31.7.2018)