noch lange so weitergegangen, so hätte ich mich zu einem ganz brauchbaren Erpresser ausgebildet. Es verging also eine Woche. Das fremde Geheimnis reizte und quälte mich wie ein Splitter in der Seele. Ich wollte es, koste es was es wolle, ausplaudern und mich an dem[WS 1] Effekt ergötzen. Und endlich, eines schönen Mittags, wo wir recht viel Besuch hatten, schmunzelte ich blödsinnig, blickte Zinotschka hinterlistig an und sagte:
,Ich weiß… O – o – o! Ich habe gesehen…’
,Was weißt du?’ fragte die Mutter.
Ich blickte Zinotschka und Sascha noch hinterlistiger an. Man hätte es sehen müssen, wie das Mädchen aufflammte, und was Sascha für wütende Augen machte! Ich biß mich auf die Zunge und fuhr nicht fort. Zinotschka erbleichte allmählich, preßte die Lippen zusammen und aß nichts mehr. Am selben Tag, während der Abendstunden, erblickte ich in Zinotschkas Gesicht eine eigentümliche Veränderung. Es schien strenger, kälter, wie aus Marmor, und die Augen sahen so seltsam mir geradeaus ins Gesicht. Ich versichere Sie, solche vernichtende, tötende Augen habe ich nicht einmal bei Windhunden, die den Wolf verfolgen, gesehen! Ihren Ausdruck begriff ich sehr wohl, als Zinotschka plötzlich, mitten in der Stunde, die Zähne zusammenbiß und stammelte:
,Ich hasse Sie! Oh, wenn Sie Abscheulicher, Gemeiner, wüßten, wie ich Sie hasse, wie widerwärtig mir Ihr geschorener Kopf, Ihre gemeinen, abstehenden Ohren sind!’
Aber im selben Augenblick erschrak sie und sagte:
,Ich spreche das nicht zu Ihnen, ich lerne eine Rolle…’
Dann, meine Herren, sah ich des Nachts, wie sie an mein Bett herantrat und mir lange ins Gesicht blickte. Sie haßte
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: den
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/047&oldid=- (Version vom 31.7.2018)