Immer schrecklicher wütete nun das Gericht gegen die Weiber zu Nördlingen. Für die Menge der Verhafteten fanden sich kaum die nötigen Lokale und der „Peinmann“ sah seiner Arbeit kein Ende. Im Oktober 1593 wurde eine Frau aus Ulm gebürtig, Maria Holl, auf Grund der Angaben einer Gefolterten ins Gefängnis und alsbald zur Folterbank geführt. Standhaft ertrug sie alle wiederholten und mit ausgesuchtester Grausamkeit immer von neuem verschärften Foltergrade. Gegen sie wurde die Tortur sechsundfünfzigmal, das letzte Mal im Februar 1594, angewendet, auch ihr dabei der falsche Vorhalt gemacht, daß selbst ihre Verwandten und Freunde, ja sogar ihr Ehemann sie für schuldig hielten. Sie blieb standhaft. Gleichwohl erfolgte keine Freilassung; denn der Rat wollte sich nicht vor der Bürgerschaft eine Blöße geben. Sie wurde abermals am 22. August 1594 scharf inquiriert. Inzwischen aber hatten ihre Verwandten in Ulm bei dem Rat daselbst und der Ulmer Gesandtschaft zu Regensburg Schritte gethan. Von dieser erging an den Rat zu Nördlingen ein dringendes Schreiben um sofortige Freilassung der seit eilf Monaten ungerecht eingekerkerten Frau, von welcher bezeugt werde, daß sie als eine Ulmer Bürgerstochter
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/185&oldid=- (Version vom 31.7.2018)