30 Weiber, welche der Zauberei bezichtigt worden, aus ihren Betten aufs Rathaus holen, wo ihnen die Wasserprobe angekündigt wurde. Sofort wurden sie vom Nachrichter gebunden aufs Wasser geworfen und, da sie oben schwammen, festgenommen und auf die Tortur gebracht. Nachdem man durch Pein und Martern Bekenntnisse erlangt, wurden sie sämtlich vor das peinliche Halsgericht gestellt, zum Feuertode verurteilt und verbrannt.
Eine andre Probe, die in der Regel mit der Verdächtigen vorgenommen wurde, ehe man zu Anwendung der Folter schritt, mitunter auch, wenn sie auf der Folter standhaft geblieben war, hieß die Nadelprobe oder das Aufsuchen eines Hexenzeichens am Körper der Angeschuldigten.
Man glaubte nämlich, am Körper einer wirklichen Hexe gebe es Stellen, welche gefühllos seien und kein Blut enthalten, so daß, wenn mit einer Nadel hineingestochen werde, die Hexe es nicht fühle und kein Blut fließe. Die Angeschuldigte wurde daher dem Henker übergeben, welcher an ihrem ganzen Körper nach einem solchen Hexenstigma sucht und mit der Nadel in jede ihm auffallende Stelle (Muttermale, Leberflecken, Narben u. drgl.) sticht, um zu erproben,
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/136&oldid=- (Version vom 31.7.2018)