Strenge übten. Wo sie von einem Verbrechen Kunde erhielten, welches nicht etwa schon vom einheimischen Gericht geahndet worden, mußten sie die Anklage vor den Freistuhl bringen. Hatte dieser die Acht ausgesprochen und einen Mann vervehmt, so konnte jeder Schöffe in der Nähe des Vervehmten angehalten werden, denselben zu richten. Wer aber auf frischer That oder auch nur derselben nachher geständig von Schöffen betroffen wurde, den konnten und sollten sie sofort selbst vom Leben zum Tode bringen. Erwägt man nun die große, allmählich auf gegen hunderttausend gestiegne Zahl von Schöffen, ihre Verbreitung und Organisation, so muß ihre Bedeutung in der That als eine gewaltige erscheinen.
Die Freischöffen bildeten durch ihre Stellung zur Vehme gewissermaßen eine selbständige Macht im Reiche, geeint zum Schutz des Rechts und der Unterdrückten gegen alle groben Verbrecher, ein Hort der Verfolgten, ein Schrecken für den Übermütigen.
Der kaiserliche Blutbann, welchen die Freigerichte in Westfalen handhabten und kraft dessen sie eines jeden Missethäters im ganzen Reiche mächtig zu sein erklärten, er blieb keine leere Drohung, wie so manches Gesetz jener Zeit. Dem Wort folgte die
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/097&oldid=- (Version vom 31.7.2018)