und es scheint, daß hie und da an sie von andern Freistühlen eine zweifelhafte Sache abgegeben oder ihr Rat in Vehmfragen eingeholt wurde. Eine eigentliche Berufung aber, so daß der Verurteilte die Sache noch an ein höheres Gericht hätte bringen können, gab es der Natur der Sache nach – wie denn jedem Urteil die Vollstreckung alsbald folgen sollte – nicht. Wohl aber mochte gegen eine unbefugte Ladung Beschwerde an den Kaiser erhoben werden. Auch konnte ein abwesend Verurteilter, wenn er sein Ausbleiben auf die an ihn ergangne Ladung zu entschuldigen wußte und wenn er ein Wissender war, um neue Verhandlung der Sache bei dem Freistuhl, welcher das Urteil gesprochen hatte, nachsuchen. Zu diesem Behuf mußte er im heimlichen Ding mit einem Strick um den Hals in Begleitung zweier Freischöffen erscheinen und fußfällig um Gnade bitten.
Ein Zusammentritt der Freigrafen mit dem Stuhlherrn kam bei den sogenannten Generalkapiteln vor, bei welchen indes auch die einfachen Freischöffen zugelassen waren und deren oft gegen tausend erschienen. Sie hatten namentlich die Aufgabe, die Vehmrechtsnormen fest- und klarzustellen und die Freistühle zu beaufsichtigen.
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/092&oldid=- (Version vom 31.7.2018)