Gewaltthat sehr häufig die Landesgerichte eines Angeklagten nicht mächtig zu werden vermochten, so blieb trotz jener kaiserlichen Privilegien immerhin die Ladung des Freistuhls in Aussicht.
Treten wir nun nach dieser allgemeinen Charakteristik der Organisation und dem Verfahren der Vehme näher, so ist in betreff der Zusammensetzung des Gerichts selbst schon erwähnt, daß der Vorsitzende ein kaiserlicher Freigraf war. Dieses Amt, das Grafenamt, konnte jeder freie Westfale erlangen, wie denn viele der angesehensten und gefürchtetsten Freigrafen einfache Landleute gewesen sind.
Das Gericht selbst mußte mit mindestens sieben Schöffen besetzt sein. Doch konnte auch über diese Zahl jeder Freigraf und Freischöffe erscheinen und an der Verhandlung und Urteilsfällung teilnehmen, so daß bei manchen besonders wichtigen Sachen oft Hunderte von Freischöffen mitgewirkt haben; z. B. an der Vervehmung des Herzogs Heinrich von Bayern, welche um Johannis 1429 unter dem Vorsitz des Freigrafen Albert Swynde ausgesprochen wurde, beteiligten sich 18 Freigrafen und 800 Freischöffen.
Die Gerichtssitzung fand nur bei heller
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/070&oldid=- (Version vom 31.7.2018)