„Als ich“ – nahm Struckman nach einer Pause das Wort – „von meinen Studien und Reisen wieder in die Heimat kam, nachdem ich in andern Ländern den Rechtsgang gesehen, da erkannte ich, daß unsere uralten Volksgerichte mit mehr Kraft und Erfolg für Recht und Gerechtigkeit wirken, als die geschriebenen Gesetze und die gelehrten Richter irgendwo es vermögen. Die heimliche Acht ist für jeden Unwissenden in undurchdringliches Geheimnis gehüllt, und doch tagt sie unter freiem Himmel bei lichtem Sonnenschein, hat keine bewaffneten Häscher, hat weder Gefängnis noch Folter – aber es folgt die Ladung, und wenn er sie verachtet, das Urteil dem Schuldigen vom Meer bis zu den Alpen, bis es ihn trifft, unfehlbar mit tötlichem Stoß. – Ich bin noch nicht Wissender und es sei ferne, daß ich euch mit unziemlicher Frage lästig werde. Indes könnt ihr mir wohl sagen, ob es dem unwissenden Manne gestattet ist, dem offnen Ding anzuwohnen?“
„Auf diese Frage“ – erwiderte Grote – „will ich euch gerne Bescheid geben. Das freie Gericht unter Königsbann handelt im offnen Ding über den Angeklagten, wenn er der Ladung gehorsamt und nicht selber ein Freischöffe ist. Weffer ist kein
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/043&oldid=- (Version vom 31.7.2018)