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Seite:De Orchideen Meyrink.djvu/124

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blickte. – Und wie die Alchymisten Kaiser Rudolfs in ihren Schwalbennestern auf der Daliborka nächtlich kochten und murmelten und erschreckt die Feuer löschten, wenn der Mars in Mondesnähe kam. – Die Zeiten des Nachdenkens sind um, und Prag liegt und schnarcht wie ein betrunkenes Marktweib.

Ringsum hügeliges Land. – Ernst und geheimnisvoll schweigt das Nusler Tal vor dem träumerischen Geheimjünger, – im fernen Hintergrunde die massigen tiefdunklen Wälder, in deren Lichtungen die Strolche schlafen, die bei der Prager Polizei noch keine Anstellung als Detektives gefunden haben.

Weiße Nebel tanzen auf den nassen Wiesen, – aus tiefer Ferne ruft das verträumte Pfeifen der Lokomotive eine kranke Sehnsucht wach.

Amadeus Veverka denkt und denkt: Wie stand es doch in dem alten Manuskript über die verheißenen Offenbarungen der inneren Natur, welches während der zwanglosen Besprechung Bruder Sesostris vorgelesen hatte?

:„Wenn du in den Nachthimmel siehst und willst das Schauen erlangen, so richte deinen Blick auf einen Punkt, den du dir in weiter Ferne denkst, und schiebe ihn immer weiter und weiter von dir weg, bis du fühlst, daß die Achsen deiner Augen sich nicht mehr schneiden. – Dann wirst du mit den Augen der Seele sehen: ernste, traurige und komische Dinge, – wie sie im Buche der Natur aufgezeichnet sind –; Dinge, die keinen Schatten werfen. – Und dein Sehen wird mit dem Denken verschmelzen.

Der junge Mann sieht hinaus in das wolkenlose Dunkel, bis er seine Augen vergißt. – Geometrische Figuren entstehen am Himmel, wachsen und verändern sich, dunkler als die Nacht. – Dann schwinden sie, und Geräte erscheinen, wie sie das banale Leben braucht: ein Rechen, eine Gießkanne, Nägel, eine Schaufel. –

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Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/124&oldid=- (Version vom 31.7.2018)