schüttelt dem Alten die Hand. – dann wirft er einen Blick zurück zum Altar. Nochmals umwogt ihn der geheimnisvolle Hauch friedvoller Erkenntnis:
„Vom Herzen gehen die Dinge aus – sind herzgeboren und herzgefügt.“
Er schlägt das Kreuz und geht.
Am offenen Türspalt lehnt der müde Tag.
Frischer Abendwind weht ihm entgegen. –
Über den Markt rasselt ein Leiterwagen, mit Laub bekränzt, voll lachender, fröhlicher Menschen, und in die Bogengänge der alten Häuser fallen die roten Strahlen der sinkenden Sonne.
Der Fremde lehnt an dem steinernen Denkmal inmitten des Platzes und sinnt: Er ruft im Geiste den Vorübergehenden zu, was er soeben erfahren. Er hört, wie das Lachen verstummt. – – – Die Bauten zerstauben, die Kirche stürzt. – – – Ausgerissen, im Staube, die weinenden Lilien des Klostergartens. –
Es wankt die Erde; die Dämonen des Hasses brüllen zum Himmel!
Ein Pochwerk hämmert und dröhnt und stampft den Platz, die Stadt und blutende Menschenherzen zu goldenem Staub. – –
Der Träumer schüttelt den Kopf und sinnt und lauscht der klingenden Stimme des verborgenen Meisters im Herzen:
„Wer eine schlimme Tat nicht scheut und die nicht liebt, die Glück verleiht –
Der ist entsagend, einsichtsvoll, entschlossen, voll von Wesenheit.“
– – – – – – – – – – – –
Wie ist doch der zackige Brocken so leicht für hartes Gold? – – Der Einsame sieht ihn an:
Ein menschlicher Wirbelknochen!
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/040&oldid=- (Version vom 31.7.2018)