Er: „Ich weiß nicht.“
Ich: „Warum nicht jemandem andern? Warum gerade mir? Warum keinem Deiner anderen Bekannten? Warum nicht Fontana?“
Er: „Ich weiß nicht. Ich mußte wohl so.“
Ich: „Ernst, Du bist, ja Du bist mein Freund, Dein Vertrauen zeigt mir dies. Bindet mich mehr als hundert Versprechen, welche ich Dir geben könnte. Rechne auf mich, wenn Du jemals meiner bedürfen solltest. Noch mehr, versprich mir dies, gib mir Deine Hand darauf.“
Er reichte mir schweigend die Hand.
Das war entschieden auf Ernstens Seite die Akme seiner Freundschaft gewesen. Mein Gefühl aber wuchs noch immer fort, ich frug nach nichts mehr, dachte an nichts anderes mehr, empfand für nichts mehr, als was mir die Natur eingegeben hatte, für meine Liebe zu ihm. Und gerade deshalb wurde ich immer empfindlicher gegen ihn, reizte mich sein gutmüthiger Spott bis zur Wuth, kränkte mich oft das nichtigste, gleichgiltigste Wort von ihm aufs tiefste; und ihn mochte dieses Benehmen wieder reizen, ihm kam diese nervöse Ungeduld, dieses Herumzerren und Herumnörgeln komisch vor. Ueberhaupt erlahmte jetzt die Intensität seiner Zuneigung zu mir unheimlich rasch. Einerseits mochte ihn die
Arnold Hagenauer: Muspilli. Leipzig 1900, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Muspilli_hagenauer.djvu/069&oldid=- (Version vom 31.7.2018)