Ich, ach ich, ein unfreiwilliger Harlekin im Hofstaate des Lebens! Cynisch und frech, voll gemachten Übermuths, sinnlich, ohne die Kraft zum Genuß, müde zum Sterben, aber voll Lebensdrang, wie die aufgegebenen Kranken, die nicht daran glauben können, daß ihnen schon die Grube zurechtgeschaufelt wird.
Als wir uns kennen lernten, waren wir beide blutjung. Ich fühlte mich anfangs von Ernst zurückgestoßen, angeekelt. Aber seine hofmännische Liebenswürdigkeit, seine sich immer gleich bleibende Höflichkeit zwangen mich, so zu sein wie er.
Und dabei lernte ich Komödie spielen. Ich spielte sie meisterhaft, denn er ahnte nicht, daß ich einen Ekel niederzwang, wenn ich mein Glas erhob, um mit lächelnden Lippen ihm zuzutrinken. Später wurde ich durch Ernst selbst in seine Familie eingeführt. Ich fühlte mich rasch darin zu Hause, aber umso unerträglicher ward es mir, mit ihm ein intimeres Verhältnis geradezu eingehen zu müssen. Er war bedeutend besser situiert als ich, obwohl man auch meine Familie zu den wohlhabenden zählen konnte. Und ich war damals maßlos eitel. Ich taumelte von einem erotischen Genuß zum andern, und wie alle Jungens, war ich stolz darauf. Aber er schlug mich. Ich war wohl hübsch, vielleicht war
Arnold Hagenauer: Muspilli. Leipzig 1900, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Muspilli_hagenauer.djvu/020&oldid=- (Version vom 31.7.2018)