nur um deinetwillen tue?“ – Ganz weich war seine Stimme dabei, und schweigsam gingen wir nebeneinander, die Worte waren zu arm für die Fülle unseres Gefühls.
An einem anderen glühheißen Sommertag gab das Grenadier-Regiment ein Fest im Jagdschloß von Friedrichstal. Heiß und ermattet vom Tanz und vom Spiel, gingen wir alle zum Neumühler See herunter, wo die Buchen und Birken über dem Uferweg dichte Lauben bilden. Allmählich zerstreute sich die Menge hier- und dorthin; wir blieben nur zu fünfen beieinander, – zwei Mädchen und drei Herren. An einer kleinen dichtumbuschten Bucht lagerten wir, und die Lust packte mich, die Füße im Wasser zu kühlen. Meine Gefährtin errötete dunkel bei meiner Aufforderung, es mir nach zu tun. „Du, das ist unpassend,“ flüsterte sie mir leise zu. „Unpassend?“ wiederholte ich laut, „zeigst du vielleicht nicht deine Hände, deine Arme, deinen Hals, – warum nicht deine Füße?“ – „Bravo, bravo,“ applaudierte einer der Herren. Das stachelte mich auf, und keck von einem zum anderen blickend, fuhr ich fort: „Soll ich euch sagen, was wir alle wissen und ihr nur nicht zu sagen euch getraut? – Wir schämen uns nur unserer Häßlichkeit –“ Damit hatte ich rasch Schuhe und Strümpfe abgestreift.
Eine beklemmende Stille trat ein; ich wagte nicht, mich umzusehen, mein Blick haftete auf meinen nackten Füßen, als sähe ich sie zum erstenmal, – sie waren so weiß, so schrecklich weiß! – mir stieg das Blut bis in die Stirne. Ich berührte scheu das Wasser mit den Zehen. „Es – es ist – zu kalt,“ brachte ich mühsam hervor und zog die Füße rasch unter die Kleider. Ein Geräusch verriet mir, daß die Herren sich entfernten;
Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/283&oldid=- (Version vom 31.7.2018)