ihn so aus der Wolke anzusäuseln, sollte sie nun einmal herunterkommen, sollte so mit ihm durch die verschwiegene Sommernacht wandern, sollte ein Mensch sein und kein Phantom! Natürlich würde sie ihm auch dann halb verleidet sein, wenn sie nicht etwas ganz Besonderes wäre. Es war sein Unglück, daß ihm alle so bald verleidet wurden, aber er trug es als Zeichen einer höheren Natur. Zudem hatte er noch kein Weib wahrhaft besessen, es war ein kurzer Rausch oder eine eitle Komödie gewesen, man konnte nicht wissen, ob etwas an der Sache wäre oder nicht. So wenig Neigung er fühlte sich zu binden, so gern hätte er doch ein Weib gebunden, um einmal diese Nation genauer zu beobachten. Aber es schien, daß Spiegelfechterei ihre Hauptkunst war.
Lange hielt die Enttäuschung nicht Stich. Er genoß die seltsame, unklare Geschichte, genoß sie wie die herrlich weiche dunkle Nacht. Und dann freute er sich über sich selbst, daß er etwas so Aetherisches, Sublimirtes zu genießen vermöge, und fand sich höchst bedeutend. Aber halt! sollte es nicht unmodern sein? Nein, er brauchte sich wirklich nicht zu beunruhigen, er brauchte nur an die Symbolisten zu denken. Wer war transcendenter als sie! Von dem großen, tiefen, brausenden Liebesstrom, der durch die Wesenwelt geht, war ein heller klingender Tropfen auf ihn gesprüht – woher? wozu? nur Thoren fragen! Genug, daß
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/61&oldid=- (Version vom 31.7.2018)