Du doch gewiß ein Anrecht, es zu wissen. Auch möchte ich nicht wieder der Verliebtheit beschuldigt werden, ich habe ganz anderes im Kopf. Also lache nicht, sondern höre: Ich will mein Lehrerinnen-Examen machen, dann eine Stelle suchen und Geld verdienen, und wenn ich genug habe, nach Zürich gehen und studiren.
Aber sag es nun um Himmels willen nicht weiter, lieber Axel; wenn es Jemand anders erfährt als Du, schäme ich mich todt. Ich fühle mich auch selbst durchaus nicht würdig dazu – aber nicht wahr, Du wirst mich nicht verdammen? Die Anderen werden es gewiß thun; ja, ich werde noch viel zu kämpfen haben.
P.S. Und hier hast Du auch mein Bild, ich habe es richtig gegrapst, damit Du mich nicht wieder feige schiltst. Was ich Mama antworten soll, wenn sie es vermißt, wissen nur die Götter. Ich werde immer so roth, wenn ich zu lügen versuche. Am meisten Angst habe ich vor Frieda, das ist unser enfant terrible, ganz wie ich früher!
Mein liebes Cousinchen! Sag doch, wie konntest Du nur meinen harmlosen Brief so übel nehmen, mir
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/329&oldid=- (Version vom 19.8.2019)