es nicht sehen, sie schob sich dazwischen und sagte: „Warum bist Du so still, Adolf, wo alle so heiter sind?“ Keine Antwort. Nach einer Weile erst betrachtete er sie, ganz überrascht. „Sagtest Du etwas zu mir?“ fragte er stockend. „Ich meinte nur, daß Du so still bist?“ flüsterte Annita. Ein verlegenes Lächeln zog über sein Gesicht. „Ich bin ein bißchen müde“, sagte er halblaut. Annitas Herz klopfte stark. Müde – das bedeutete hier gewiß etwas ganz anderes! Und da sagte er auch schon: „Ich hab’ die letzte Zeit nicht viel Schlaf gekriegt.“ Und wieder dies verlegene melancholische Lächeln, das dem Mädchen so wohl that. „Nimm noch ein Stück Kuchen, diese habe ich gebacken“, sagte sie mit tiefer Rührung. Adolf gehorchte mechanisch; sie sah es wohl, er that alles, was sie wollte. Annita hatte sich nie so angenehm unglücklich gefühlt.
„Ich find’ es bis jetzt mal thranig,“ flüsterte ihr Adelheid ins Ohr, während sie vorüberstreifte; „nur Angela bringt en bißchen Leben, Ihr beiden sitzt da“ – – das letzte sagte sie laut, und ihre Blicke waren piquirt.
Nun wurden Spiele gemacht. Mama Severin, die sich auf dem glatten Parkettboden dieses Zimmers nur immer hinter einem Stuhl bewegte, den sie wie einen Schlitten vor sich herschob, machte Einwendungen, aber sie wurde doch aus ihrer Ruheecke zur Betheiligung herangezogen.
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/244&oldid=- (Version vom 31.7.2018)