blaß in einem Küchenstuhl und trank ein bißchen Cognac zur Stärkung, Ferdinand hatte eine Schürze um und durfte Zucker reiben, während das Dienstmädchen oben war und servierte. „Nein, nein, Du brauchst mir nicht zu helfen“, rief die Mama, als sie Annita erblickte, „thu mir doch den Gefallen, Kind, bleib oben und biete etwas an, – ich bin ’n bißchen im Rückstand, weil ich doch für Papa sorgen mußte.“ Annita umfaßte die Geschäftige von hinten, um ihren Kopf an ihre Schulter zu legen. Mit einem ärgerlichen Schrei trat Frau Severin zurück. „Herrjes, Kind, Du machst mir je mein Kleid fettig, so ’n helles graues Seidenzeug ist empfindlich, – was is Dir denn? warum is Dir denn miteins die Petersilie verhagelt? Geh doch rauf! geh, laß Deine Adelheid nich so im Stich!“ Annita stotterte, sie habe nur sehen wollen – – dann schlich sie die Treppe wieder hinauf; – drinnen wurde lebhaft gesprochen. Ich will mal sehen, was Herr Severin macht, dachte sie plötzlich. „Na, was willst Du denn?“ brummte ihr eine mürrische Stimme entgegen, als sie die Thür des kleinen Wohnzimmers im zweiten Stock leise öffnete.
Papa saß dort in seinem großen grauen Schlafrock mit den grünen Aufschlägen, sehr roth im Gesicht, aber ganz breit und behaglich auf dem Sopha, vor sich die „Hamburger Nachrichten“ und ein dampfendes Glas Grog. Die ganze Stube roch danach, und im Ofen zischten bratende Äpfel.
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/236&oldid=- (Version vom 31.7.2018)