war gut, daß unten ein Klingeln und Füßescharren entstand, sie wären sonst gar nicht aus dem Gespräch herausgekommen, ja es wäre vielleicht sogar eine deutliche Meinungsverschiedenheit ungewohnt und betrübend zu Tage getreten. Es war auch hohe Zeit, daß sie ins Gesellschaftszimmer kamen, denn dort unten saßen schon die beiden Küpers, Bertha und Auguste, mit dem bekümmerten Ausdruck von Menschen, die zu enge Stiefel anhaben, nahe beim Ofen, der eine entsetzliche Hitze ausspie und unter den ironischen Augen der alten Tante Sophie, die immer als erste an den Geburtstagsfeiern erschien, um die Honneurs zu machen.
„Na, das ist recht“, rief sie mit ihrer spitzen Stimme den Eintretenden entgegen, „ich gebe mir hier alle Mühe, aber die jungen Fräulein sind so still; eben hab’ ich schon gefragt, ob wir nicht ‚zwei Gänschen im Haferstroh‘ spielen wollen!“ Und dazu zitterte der Schnurrbart der alten Dame ordentlich vor Schadenfreude.
Annita reichte Thee und Kuchen, während Adelheid den Schwammbeutel und die Taschentuchpresse, welche Küpers auf den Opferstock niedergelegt, mit verklärten Blicken betrachtete. Tante Sophie verlangte zu wissen, von welchem Konditor die kleinen Theeplätten seien, und wurde darüber ganz liebenswürdig. Als ein männlicher Schritt draußen hörbar ward, erschrak Annita so, daß sie einen tiefen Seufzer ausstieß:
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/234&oldid=- (Version vom 31.7.2018)