Kinder, ich muß weg, gib mir wenigstens en Happen Kuchen, Mama! Ich schenk’ Dir heut Mittag was, wolln erst mal sehn, was Du all kriegst, immer praktisch, nich?“
Cäsar, der vierzehnjährige, lehnte mit blassem Gesicht an der Thür. Er war gestern krank aus der Schule gekommen; die zwei Eier, die er seiner Blutarmuth wegen morgens vor dem Weggehen von der Mama eingestopft bekam, hatten ihm Krämpfe verursacht.
„Darf ich wirklich keine Chokolade trinken?“ wimmerte er mit hängendem Munde. Annita und Adelheid baten für ihn. Aber schon nach dem ersten Schlucke ward er grün im Gesicht und stürzte mit dem Taschentuch vor dem Munde zur Thür hinaus.
„Laß man, Mama, ich kann ja seine Tasse mit austrinken“, sagte gemächlich der kleine Ferdinand, die Arme wie zwei Flügel schützend über die Tassen gebreitet.
„Die Schneelandschaft is von mir“, sagte er zwischen dem Schlucken und Kauen, „das Papier heißt Pelinpapier und ist ausgekratzt“.
Adelheid freute sich über alles, aber das Schönste blieb doch das Ballkleid, von Mama. Rosa Krepp, – man konnte Stunden damit hinbringen, sich vorzustellen, wie es gemacht werden sollte. Man war ganz geblendet, wenn man es in Wolken auseinanderschüttelte und lange darauf blickte.
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/216&oldid=- (Version vom 31.7.2018)