war. Dann fing sie an, beim letzten Tageslicht neue Fragezeichen zu den alten zu setzen, der Bogen war bald voll, sie schrieb sie vorsichtig, aber äußerst emsig, immer eins neben das andre.
Sie sahen sich häufig jetzt. Richard pflegte besonders dann zu ihr zu gehen, wenn seine Stimmung gedrückt, sein Humor in die Brüche gegangen war. Und solche Zeit kam nun oft. Seine Vorlesungen mußten wegen Mangel an Theilnehmern aufgesteckt werden, seine Arbeit befriedigte ihn nicht, dazu kamen Briefe über Briefe von Advokaten, Tonis Mama verlangte eine Entschädigung von fünfzehntausend Mark wegen des Bruches.
„Aber so lachen Sie doch und eröffnen Sie den Spekulanten, daß Sie nichts haben,“ rieth Lore eifrig. Sie hatte gut reden. Hausdörffer schämte sich ganz einfach, seine Verhältnisse vor diesen Augen aufzudecken, er sah sich lieber im Licht des Besitzenden betrachtet.
„Wie verschieden wir doch denken,“ meinte die Malerin nach solchen Gesprächen – es klang bedauernd.
Richard wollte es nicht gelten lassen. Er bemühte sich, bei jeder Gelegenheit hervorzuheben, daß sie wundervoll übereinstimmten. Das bezog sich meistens freilich auf den Kuchen, den er zum gemeinsamen Thee mitbrachte und den sich Lore mit einigem Widerstreben gefallen ließ. Es waren hübsche Nachmittage, und das Lampenlicht machte das buntscheckige Atelier unterm
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/194&oldid=- (Version vom 31.7.2018)