Ihnen nicht! Die Arbeit ist ja das Leben selbst. Meine Malerei ist mein Leben.“
„Ja, die Kunst – wenn man so etwas sieht und hört, – da kommt einem die eigene Arbeit dürr vor.“ Er seufzte leise, während er mit Neid in ihre glänzenden Augen blickte. „Es hätte vielleicht auch so etwas in mir gesteckt, aber es ist erdrückt worden. Ich mußte ein Brotstudium wählen, und die Wissenschaft – die hat ja auch immer ein schönes Auge –“ Er verstummte; es war Zeit zu gehen, aber er kam schwer los.
Als sie sich zum Abschied lange und warm die Hand drückten, sagte er plötzlich mit einem Anlauf:
„Aber Fräulein, nicht wahr, wenn einmal dort in der Geldkiste gar nichts mehr ist –“ Sie wollte ihn unterbrechen; er fuhr hastig fort: „Ich meine, wenn wieder ein Honorar so lange auf sich warten läßt, – darf ich Ihnen etwas –“
Lore machte ein unwilliges Gesicht.
„Ich bin selbstständig – ich –“
„Nun, sagen wir, wenn Sie einmal keine Freimarke nach England mehr haben!“
„O, ich hab fünf Stück im Vorrath jetzt! Ich bin sehr haushälterisch geworden! Danke Ihnen.“
Sehr nachdenklich und etwas niedergeschlagen ging er seiner Wege. Lore Berth blickte noch eine Weile mit Lächeln die Thüre an, hinter der er verschwunden
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/193&oldid=- (Version vom 19.8.2019)