Da blieb sie denn auch für den Rest des Tages hängen, aber sie hatten beide kein rechtes Vergnügen davon. Kein Wort, das recht einschlug, keins, das einen Widerhall fand. Dafür trat das stumme Mustern und Abschätzen aufs neue hervor. Redselig war nur die Mutter, und sie ermahnte zur Nachahmung. Auf ihrem verbindlich lächelnden Gesicht stand aber trotzdem die Klage: lieber Gott, ist so ein Brautpaar sterbenslangweilig! Sogar photographieren ließen sie sich zu dritt, und zwar hatte der Momentphotograph ein sonderbares Dekorationsstück da, ein Boot mit der Aufschrift „Amor“. Unten besaß es Rollen, die hinter blaugemalten Wellen aus Pappe versteckt waren. Der ambulante Künstler versetzte Mama ans Steuer, das Brautpaar sollte sich zärtlich umschlingen. Jetzt war es aber Hausdörffer, der das abgeschmackt und unpassend fand. Ein fingirtes Boot auf einem fingirten Wasser, mit einem fingirten Steuermann – nicht bestimmt sich auf den lebendigen Wellen zu tummeln, sondern ewig da zu hocken, gestrandet, versandet. Er sagte so etwas und fand, daß es ein sehr trauriges Sinnbild sei. Aber die Damen begriffen nicht, wie man alles so schwer und wichtig nehmen könne und fanden die Idee allerliebst. Folglich kam das Bild zu stande, und zur Belohnung ihres guten Willens waren denn auch Mutter und Tochter überraschend gut gerathen; Richard aber hatte zwei Gesichter bekommen, wie der Gott, der in Vergangenheit
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/153&oldid=- (Version vom 31.7.2018)