immer so viel Rühmens von ihr, sie sollte so hübsch und elegant sein – na – nachher“
„Ihre Toni hat sie völlig ausgestochen!“ sagte Mama triumphirend zu ihm hinüber. Es lag ein liebenswürdiger Nachdruck auf dem Worte Ihre, es klang wie eine Galanterie für ihn.
Seine Toni! Die Mama legte sie ihm zum ersten Mal selber in die Arme. Aber er war sich leider bewußt, daß diese Arme nicht so weich gepolstert waren, wie die Mutter es für ihre Tochter wünschte, und so glitt die schöne schlanke Puppe, in diesem Augenblick wenigstens, daraus fort und irgendwohin auf den Boden. Mit einem Ruck stand er auf, schüttelte das helle, wollige Haar aus der Stirn und sagte mit etwas knarrender Stimme:
„Ich denke, wir wollen nach Nymphenburg, nicht? Dies ist doch kein Thema für einen ersten Tag – schön heiß wird es auch sein, ah!“
Er reckte die Arme und starrte auf Toni, die ihm fremd geworden war. Und er ihr auch, das war deutlich genug. Hübsch war sie, sehr hübsch, aber doch ein bißchen wie der schöne Wachskopf im Friseurladen. Die dunklen Brauen über den hellen Augen und zu dem röthlichen Haar sahen ihm heute wie gemalt aus; die feine längliche Nase, die kurze Oberlippe – all das so regelmäßig, so ganz und gar nicht aufregend, so gleichmüthig und selbstbewußt und
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/142&oldid=- (Version vom 31.7.2018)