Titularräthin, das große Nebenzimmer mit der Preisermäßigung inne. Aber in all der Zeit war es nicht geschehen, daß Frau von Götzendorff Athem und Stimme wieder bekam unter einer halben Stunde, und heute war es kaum zehn Minuten über halb vier, und schon tönte ihr wohlverständlicher, wenn auch gurgelnder Ruf durch die Thürspalte: „Ach, meine liebe Frau Titularrath, sehen Sie doch geschwind aus dem Fenster, vers le chalet, savez-vous! ah! ah! ah!“
„O! o! o! ich sterbe!“ echo’te es aus dem Nebenzimmer, die Titularräthin hatte gesehen. „Ein Mann!“
„Un jeune homme!“
„Es kann doch nicht der Bäcker gewesen sein?“
„Aber ich muß sehr bitten, der kommt ja mit Korb und weißer Schürze“
„Vielleicht der Doktor? la bonne est malade.“
„Ein junger Herr ohne Krückstock, schlank wie ein Adonis.“
„Ach, meine liebe Frau von Götzendorff, da fällt mir etwas ein, – die Gretel ist gestern abend fortgeschickt worden!“
Ein Schrei beantwortete diese Notiz. Halbbekleidet näherten sie sich von beiden Seiten der Thür zwischen ihren Zimmern, erweiterten den Spalt, drückten sich die Hände und verdrehten die Augen.
„Vielleicht ein Dieb, ein Mörder, Frau von
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/130&oldid=- (Version vom 31.7.2018)