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Seite:De Entstehung der Arten 1860 (Darwin) 325.jpg

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ungünstig seyn, obwohl wir dieses Etwas nicht leicht näher zu bezeichnen wissen. Existirte das fossile Pferd noch jetzt als eine seltene Art, so würden wir in Berücksichtigung der Analogie mit allen andern Säugthier-Arten und selbst mit dem sich nur langsam fortpflanzenden Elephanten und der Vermehrungs-Geschichte des in Süd-Amerika verwilderten Hauspferdes fühlen, dass jene fossile Art unter günstigeren Verhältnissen binnen wenigen Jahren im Stande seyn müsse den ganzen Kontinent zu bevölkern. Aber wir können nicht sagen, welche ungünstigen Bedingungen es seyen, die dessen Vermehrung hindern, ob deren nur eine oder ob ihrer mehre seyen, und in welcher Lebens-Periode und in welchem Grade jede derselben ungünstig wirke. Verschlimmerten sich aber jene Bedingungen allmählich, so würden wir die Thatsache sicher nicht bemerken, obschon jene (fossile) Pferde-Art gewiss immer seltener und seltener werden und zuletzt erlöschen würde; denn ihr Platz ist bereits von einem andern siegreichen Mitbewerber eingenommen.

     Man hat viele Schwierigkeit sich immer zu erinnern, dass die Zunahme eines jeden lebenden Wesens durch unbemerkbare schädliche Agentien fortwährend aufgehalten wird, und dass dieselben unbemerkbaren Agentien vollkommen genügen können, um eine fortdauernde Verminderung und endliche Vertilgung zu bewirken. Wir sehen in den neueren Tertiär-Bildungen viele Beispiele, dass Seltenwerden dem gänzlichen Verschwinden vorangeht, und wir wissen, dass es derselbe Fall bei denjenigen Thier-Arten gewesen ist, welche durch den Einfluss des Menschen örtlich oder überall von der Erde verschwunden sind. Ich will hier wiederholen, was ich im Jahr 1845 drucken liess: Zugeben, dass Arten gewöhnlich selten werden, ehe sie erlöschen, und sich über das Seltnerwerden einer Art nicht wundern, aber dann doch hoch erstaunen, wenn sie endlich zu Grunde geht, — heisst Dasselbe, wie: Zugeben, dass bei Individuen Krankheit dem Tode vorangeht, und sich über das Erkranken eines Individuums nicht befremdet fühlen, aber sich wundern, wenn der kranke Mensch stirbt, und seinen Tod irgend einer unbekannten Gewalt zuschreiben.

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_325.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)