Schon lange bevor der Leser zu diesem Theile meines Buches gelangt ist, mag sich ihm eine Menge von Schwierigkeiten dargeboten haben. Einige derselben sind von solchem Gewichte, dass ich nicht an sie denken kann, ohne wankend zu werden; aber nach meinem besten Wissen sind die meisten von ihnen nur scheinbare, und diejenigen welche in Wahrheit beruhen, dürften meiner Theorie nicht verderblich werden.
Diese Schwierigkeiten und Einwendungen lassen sich in folgende Rubriken zusammenfassen: Erstens: wenn Arten aus andern Arten durch unmerkbar kleine Abstufungen entstanden sind, warum sehen wir nicht überall unzählige Übergangs-Formen? Warum bietet nicht die ganze Natur ein Mischmasch von Formen statt der wohl begrenzt scheinenden Arten dar?
Zweitens: Ist es möglich, dass ein Thier z. B. mit der Organisation und Lebensweise einer Fledermaus durch Umbildung irgend eines andren Thieres mit ganz verschiedener Lebensweise entstanden ist? Ist es glaublich, dass Natürliche Züchtung einerseits Organe von so unbedeutender Wesenheit, wie z. B. den Schwanz einer Giraffe, welcher als Fliegenwedel dient, und anderseits Organe von so wundervoller Struktur wie das Auge hervorbringe, dessen unnachahmliche Vollkommenheit wir noch kaum ganz begreifen.
Drittens: Können Instinkte durch Natürliche Züchtung erlangt und abgeändert werden. Was sollen wir z. B. zu einem so wunderbaren Instinkte sagen, wie der ist, welcher die Biene
Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_181.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)