Wenn wir die Einzelwesen einer Varietät oder Untervarietät unsrer alten Kultur-Pflanzen und -Thiere betrachten, so ist einer der Punkte, die uns zuerst auffallen, dass sie im Allgemeinen mehr von einander abweichen, als die Einzelwesen einer Art oder Varietät im Natur-Zustande. Erwägen wir nun die grosse Manchfaltigkeit der Kultur-Pflanzen und -Thiere, welche sich zu allen Zeiten unter den verschiedensten Klimaten und Behandlungs-Weisen abgeändert haben, so glaube ich sind wir zum Schlusse gedrängt, dass diese grössere Veränderlichkeit unsrer Kultur-Erzeugnisse die Wirkung minder einförmiger und von den natürlichen der Stamm-Ältern etwas abweichender Lebens-Bedingungen ist. Auch hat, wie mir scheint, Andrew Knight's Meinung, dass diese Veränderlichkeit zum Theil mit überflüssiger Nahrung zusammenhänge, einige Wahrscheinlichkeit für sich. Es scheint ferner ganz klar zu seyn, dass die organischen Wesen einige Generationen hindurch neuen Lebens-Bedingungen ausgesetzt seyn müssen, ehe ein bemerkliches Maass von Veränderung in ihnen hervortreten kann, und dass, wenn ihre Organisation einmal abzuändern begonnen hat, diese Abänderung gewöhnlich durch viele Generationen fortwährt. Man kennt keinen Fall, dass ein veränderliches Wesen im Kultur-Zustande aufgehört hätte veränderlich zu seyn. Unsre ältesten Kultur-Pflanzen,
Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_013.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)