Champcenetz, „Mademoiselle de Lespinasse, Madame la marquise de Montjoie, Madame de Staël“ – Aber schon ging der Angeredete stirnrunzelnd und wortlos an ihm vorüber, während ich nicht übel Lust hatte, dem Spaßmacher gehörig heimzuzahlen. Aber mit welchem Recht darf ich für Dich eintreten, Geliebteste?
Schönste Frau Marquise, Ihre Marmorkühle scheint keiner Huldigung weichen zu wollen. Sie zürnen mir anscheinend mit Recht, weil ich mich zurückzog, in Wahrheit: zurückgestoßen fühlte. Ein Soldat erinnert sich nur ungern seiner Niederlagen und geht darum den Festungen aus dem Wege, die ihm Trotz boten.
Aber wenn ich auch Ihr Herz nicht erobern konnte, möchte ich doch wenigstens Ihre gute Meinung nicht verlieren.
Madame de Staëls Geist hat mich gerade in einem Augenblick fasziniert, wo das verletzte Gefühl sich in sich selbst zurückzog. Es gibt eine Ermüdung der Sinne, die der geeignetste Zustand ist, um den Kopf in seine unbeschränkten Herrenrechte einzusetzen. Damals lernte ich Herrn Necker mit den Augen seiner Tochter sehen und fand in ihm schließlich einen Lehrer, ja einen Freund. Wenn Sie öfter mit ihm zusammen kämen, – und ich
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/399&oldid=- (Version vom 31.7.2018)