Meine Liebe! Die Nachricht von Ihrer Abreise nach Spa, die Mitteilung von dem längeren Besuch, den Sie nach dem Badeaufenthalt Ihrer Freundin Clarisse machen wollen, – eine Freundschaft, der Sie sich gerade jetzt zu erinnern belieben! – ist die deutlichste Antwort auf meinen letzten Brief.
Ich kann warten! Der Meister sagte mir, als wir die letzte Sitzung miteinander hatten: sie kommt wieder. Ich glaube ihm. Erholen Sie sich, amüsieren Sie sich, lassen Sie Dutzende von Männern zu Ihren Füßen schmachten. Mir soll es recht sein, denn – Sie kommen wieder!
Soeben erfahre ich von meiner Schwester, daß Sie, Holdseligste, endlich einer Einladung nach Chateau Larose folgen wollen. Sie ist entzückt; ich bin es noch mehr; und meine Neugierde kennt vollends keine Grenzen, denn die Marquise Delphine ist ein Rätsel, das einem Mann, der das Geheimnis „Weib“ ganz zu ergründen geglaubt hatte, immer aufs neue zu lösen übrig bleibt.
„Die Marquise Montjoie hat den Schleier genommen,“ wußte die kleine Lamballe noch vor einem Jahre mit dem himmlischsten ihrer Augenaufschläge
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/290&oldid=- (Version vom 31.7.2018)