überflüssige Ausgabe verringert werden. Diese
Sparsamkeit hat mich reich gemacht. Ich sammelte
Erfahrungen, deren Menge oft erdrückend
war.
Kaum hatte ich das Gebirge hinter mir, als sich auch schon Ländereien vor mir ausbreiteten, die eben von plünderndem Kriegsvolk verlassen schienen: Einöden, Heide und Brachland, von schlammigen Wegen durchzogen, meilenweit kein Mensch. Nur hier und da tauchte ein lebendes Wesen auf mit strähnigen Haaren über schmutzstarrenden Zügen, das mich aus roten Augen erschrocken anglotzte.
Vor dem Einbruch der ersten Nacht klopfte ich in der Gegend von Noroy an eine rußige Hütte. Mit einem Geheul, das an die Wölfe der Vogesen erinnerte, stürzte mir ein Mensch entgegen.
„Ich habe nichts, gar nichts,“ schrie er, „selbst das Schloß an der Tür hat der Steuereinnehmer schon genommen.“
Im Mondlicht sah ich erst, wen ich vor mir hatte. Es konnte nur eine Hexe sein: ein paar schmutzigweiße Haare standen um ihren gelben Schädel, über die bloßen Knochen ihres nackten Oberkörpers spannte sich die braune Haut, ihre Brüste hingen, leere Schläuche, über den gedunsenen Leib. Ich bekreuzigte mich. Da hörte ich ein Wimmern aus dem Dunkel der Hütte. Ich vermutete ein
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/147&oldid=- (Version vom 31.7.2018)