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Seite:De Das Todesurteil (Hau).djvu/95

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

sie dadurch meine Aussichten gewaltig. Ja, man könne sagen, sie gebe damit dem Staatsanwalt die höchste Trumpfkarte in die Hand. Meine Frau hörte ihn schweigend an, ihr Entschluß war nicht zu erschüttern.

Vorher aber wollte sie mich noch einmal sehen, womöglich unter vier Augen. Dieser Wunsch wurde ihr nicht gewährt, der Hausinspektor mußte bei dem Besuch zugegen sein. Doch hielt er sich taktvoll im Hintergrund.

Meine Frau gab sich sehr ruhig und gefaßt, wie jemand, der mit dem Leben abgeschlossen hat und seine letzten Anordnungen trifft. Durch interpolierte englische Sätze unterrichtete sie mich von ihrer Absicht, in den Tod zu gehn, und verlangte von mir, daß ich das gleiche tue. Gift habe sie mitgebracht, sie werde mir dasselbe beim Abschiednehmen zustecken. – Ich lehnte ab. Vor der Hauptverhandlung keinesfalls. – Gerade vor der Hauptverhandlung, drängte sie. – Warum? – Das könne ich mir wohl denken; ob ich denn kein Gefühl dafür habe, wie gräßlich ihr der Gedanke sei, intimste Familienangelegenheiten in öffentlicher Gerichtssitzung zur Sprache gebracht zu sehn. – Ich erwiderte, das sei gar nicht zu befürchten, da von diesen Dingen in dem Prozeß überhaupt nicht die Rede gewesen sei und von ihnen auch in Zukunft nie die Rede sein werde; wenn ich mir das Leben nähme, so würde das als ein Schuldgeständnis aufgefaßt werden; ich sei aber unschuldig und wolle das Urteil abwarten. Man könne übrigens nicht wissen, wie der Spruch der Geschworenen lauten werde. – Darüber sei kein Zweifel möglich, das Todesurteil gewiß. Ob ich mich denn wirklich ganz ohne Schuld fühle? – Ohne Schuld vor dem Gesetz auf jeden Fall. Wenn auch nicht ohne Schuld vor ihr. Ob sie mir denn die nicht verzeihen könne?

Da brach sie in Tränen aus und sagte, sie verzeihe mir wohl, so wie sie allen Menschen, die ihr wehgetan, verzeihe, es sei eben alles Schicksal gewesen, und seinem Schicksal könne niemand entgehen, aber weiterzuleben sei ihr nicht mehr möglich. Und als ich versuchte, sie

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/95&oldid=- (Version vom 31.7.2018)