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Seite:De Das Todesurteil (Hau).djvu/89

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

leben können, so wollen wir zusammen in den Tod gehen.“ Ich war sofort einverstanden.

Das, was nun kommt, die Flucht nach der Schweiz und mein Selbstmordversuch in Realp ist Ihnen ja aus den Akten bekannt.“

„In großen Zügen ist es mir bekannt. Aber ich bitte Sie trotzdem, erzählen Sie weiter, damit ich in der Sache ganz klar sehe. Es ist doch jetzt das erste Mal, daß ich einen authentischen Bericht über diese Vorgänge höre.“

„Es widerstrebt mir, über diese glücklich-unglücklichen Tage Worte zu machen. Das für Sie Wissenswerte ist rasch gesagt. Wir versuchten zunächst, uns Gift zu verschaffen. Das gelang nicht. Dann kaufte er einen Revolver, und ich ließ mir das Versprechen geben, daß er zuerst mich und dann sich selber erschießen werde. Aber jedesmal, wenn er dazu ansetzte, versagte ihm die Kraft. Ich sah, er konnte nicht. Wir waren schließlich nach längerem Hin- und Herfahren in einem Dörfchen an der Furka, Realp, gelandet, und dort beschloß ich, auf jeden Fall ein Ende zu machen. Während er für einige Augenblicke das Zimmer verlassen hatte, brachte ich mir einen Schuß in die Brust bei. Ich hatte auf das Herz gezielt, aber die Kugel ging dicht daran vorbei. Noch einmal zu schießen war mir nicht möglich, da er sofort herbeigestürzt kam, mir den Revolver entriß und einen Arzt holte. Auch telegraphierte er an meine Mutter und an seinen Vater, die beide nach Realp kamen.“

„Also den Schuß haben Sie selber abgegeben?“ fragte Dr. Dietz. „Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, daß Ihre Schwester Luise, die ja damals auch nach Realp kam und Sie gepflegt hat, behauptet, es habe nicht ein Selbstmord-, sondern ein Mordversuch vorgelegen.“

„Hören Sie weiter. Meine Mutter und der Vater meines Mannes kamen nach Realp. Was sollte nun geschehen? Die einfachste Lösung schien: man läßt uns heiraten. Kompromittiert war ich jetzt, es blieb für mich, wenn ich weiterleben sollte, gar nichts

Empfohlene Zitierweise:
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/89&oldid=- (Version vom 31.7.2018)